Fino

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Kerstin über FINO




Nein, dies ist nicht ein gewöhnlicher Bericht. Es ist auch nicht mein erster Hund. Und doch: irgendwie schon... der Reihe nach: Unsere wundervolle Betty wurde als Mixhündin nur vier Jahre alt. Sie erlitt kurz hintereinander zwei schwere Bandscheibenvorfälle, beide operiert, aber leider ohne ausreichend Erfolg für ein erträgliches Hundeleben. Ich musste eine der schwersten Entscheidungen treffen, hart und erbarmungslos eingefordert von einem Hund, der uns als Familienmitglied durch schwere Zeiten getragen hatte und nun nicht mehr konnte. Meine Familie konnte mit dem plötzlichen Verlust nur schwer umgehen. Trotzdem - oder gerade deshalb - wusste ich, wir brauchen einen neuen Hund. Mit wichtigen Merkmalen:


Ich lebte inzwischen mit meinen Söhnen allein. Der Hund sollte also anpassungsfähig sein, immer dabei in einem oft auch trubeligen Alltag. Aufgrund der Wohnverhältnisse eher klein, das fand unser Kleinwagen auch ;-) (nicht aber meine Söhne, die der Meinung waren, kleine Hunde seine nicht cool genug - was für ein Irrtum ;-)) ) Ich würde mich sehr freuen, wenn er nicht jagen würde, stellte ich fest. Und: in unserer Familie nisteten sich altersgemäß zwei Pubertiere ‚zusätzlich‘ gerade ein, der Hund brauchte also Nerven aus Drahtseilen. Meine eigene Idee war, ihn trotz der geringen Größe als Begleithund beim Joggen mitnehmen zu können. Und ja, er sollte sich mit anderen Hunden gut verstehen, ich liebe es, wenn der Hund möglichst auch Freigang hat und mit Artgefährten viel Kontakt haben kann.


Soweit so gut. Der Rat eines sehr lieben Menschen aus meinem Umfeld war dann der Havaneser. Und zwar nicht irgendeiner, sondern unbedingt ein Manueser! Wegen der besonderen Züchterliebe und Atmosphäre, dem großen Rudel, das eine optimale Sozialisierungsgrundlage verspricht und hält!

Nun, Fino galoppierte geradezu in unser Leben: immer mit Herz und unbändiger Lebensfreude, einer unbestechlichen Klugheit, strotzendem Selbstbewusstsein und tatsächlich verfügt er über eine Gelassenheit, die schwer beeindruckt. Fino saugte Schulstress und Depressionen auf wie ein Schwamm, grinste optimistisch dabei um die Ecke und ließ niemals locker.


Fino begleitete mich mehrere Jahre sogar in wöchentlichen Psycho-Therapiesitzungen, lernte dort mit, war stets mein Sonnenschein, wenn ich mit Stürmen zu kämpfen hatte. Sein Einkringeln zu meinen Füßen, in sanfter Stille, konnte unglaublichen Trost spenden und sein raubeiniges Aufmucken im Feld, bei der Begegnung mit konkurrierenden Rüden, zeugt oft davon, wieviel Power und Selbstverständlichkeit dieser kleine große Heroe besitzt. Fino erkennt Menschen so wie sie sind. Er begeistert so sehr auch Fremde, die selbst mit Hunden nichts anfangen können, deren Herz aber heimlich lacht über das kleine Wollknäuel. Dann höre ich so oft: „Eigentlich habe ich für Hunde nichts übrig, aber SO einen, den würde ich wohl nehmen!“ 

Ja, es stimmt, Langhaarhund stand nicht auf der Wunschliste. Jedenfalls bei mir. Und was das Fell eines Havis für Pflege braucht, ahnte ich nicht annähernd, trotz aller ‚Vorwarnungen‘ der Weltbesten Züchterin Manuela Sielemann. Ich überschätze meine Sorgfalt in diesem Punkt. Denn egal ob Kletten im Herbst oder Grannen im Frühling, ob das Schlammbad im Lieblingstümpel oder oder oder.... Der Havi möchte und muss ausreichend Zuwendung auch für sein Fell bekommen. Und diese Zeit muss als Spaziergang-Nachtisch einkalkuliert werden. Spontane Stadtbummel nach ausgiebigen Waldläufen erledigen sich von selbst. Das kann sich bald einspielen, sollte aber gründlich überlegt werden, oder einem liebevollen Hundefrisör überlassen werden. Was dem Havi sein schönstes Geschenk ist und jede Seele und Bluthochdruck besänftigt, ist der Kuscheleffekt mit dem zauberhaft seidigen Haar - etwas sehr Besonderes. Ach so ja, die Empfehlung für diese außergewöhnliche Rasse kam im Ursprung übrigens von einem Hundeausbilder für Bundeswehr und Polizeihunde, denn - und dies kann ich absolut bestätigen - der Havaneser ist ein Vollbluthund, dessen Menschennähe und Zärtlichkeit nur auf den ersten Blick darüber ‚hinwegtäuscht‘, dass er alle Hundeeigenschaften verkörpert. Das gilt z.B. auch für den Verteidigungsmodus. Fino ist definitiv kein Jäger im klassischen Sinn, aber er ist begeisterter Spielkamerad und seine Nase wird jeden Freund oder auch jedes Leckerli blitzschnell ausfindig machen. Diese Hunde sind unglaublich wissbegierig und wollen ihr kleines Köpfchen liebend gern mit Tricks oder Begleithundeaufgaben füllen... Fino ist natürlich auch Wachhund auf Hof und im Garten, mit meist herzlicher Begrüßungsfreude, aber wehe seinem Feingefühl für merkwürdige Gestalten! Was hat sich also verändert in meinem/unserem Leben? Naja, wir haben halt ein Familienmitglied auf vier Beinen, das unsere Sprache beherrscht, uns begleitet und nicht mehr wegzudenken ist aus unserem Leben! Gerade in schwierigen Zeiten (z,B. Corona) hilft Fino aus Isolation (das tat er für mich schon vom ersten Tag an ;-) ) und plötzlich sind aufwendige Urlaube und Luxusprojekte nicht mehr so wichtig. Statt dessen stellte Fino mit sanfter aber nachdrücklicher Pfote unsere ‚Strukturschrauben’ richtig ein. Wir können uns auf uns gegenseitig verlassen.... Und das ist sehr, sehr gut so! 

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